Im Moment scheint es, als würde in der Agrarpolitik eine Hiobsbotschaft die nächste jagen. Zuerst erreichte uns vergangene Woche die Nachricht, dass die EU-Kommission das gefährliche Ackergift Glyphosat für zehn weitere Jahre genehmigt hat. Nach unserem jahrelangen Kampf gegen das Gift, das Artenvielfalt und Gesundheit gefährdet, war das ein herber Rückschlag.
Fast zeitgleich mit der Glyphosat-Verlängerung wurde außerdem bekannt, dass das geplante EU-Gesetz zur Pestizidreduktion im EU-Parlament gekippt wurde. Jahrelang hatten wir auf dieses Gesetz hingearbeitet, mit dem alle EU-Länder verpflichtet worden wären, ihren Pestizideinsatz bis 2030 zu halbieren. Dies wäre ein wichtiger Schritt hin zu einer naturverträglicheren Landwirtschaft gewesen. Doch nach enormen Gegenwind von Seiten der Agrarchemielobby und von Parteien aus dem konservativen bis rechtsradikalen Spektrum ist dieses Vorhaben nun im Europäischen Parlament gescheitert. Verbindliche Reduktionsziele rücken damit in weite Ferne. Das ist besonders bitter für uns, da dies die wichtigste Forderung unserer Europäischen Bürgerinitiative (EBI) „Bienen und Bauern retten!“ war.
Anstatt endlich die dringend notwendige Agrarwende einzuleiten, bleibt nun vorerst also alles, wie es ist. Das trifft uns als Umweltbewegte ganz persönlich. Denn seit vielen Jahren setzen wir uns mit unserem ganzen Herzblut dafür ein, dass sich der Status Quo ändert. Wenn es auch für unsere Kinder und Enkel noch eine lebenswerte Zukunft geben soll, sind weitreichende Änderungen in der Art und Weise, wie wir Landwirtschaft betreiben, unausweichlich. Und die Zeit, dies anzugehen, drängt immer mehr. Das Artensterben, der Klimawandel und die Zerstörung der Umwelt schreiten fortwährend voran, mit unabsehbaren Folgen für uns alle.
Umso wichtiger ist es, dass wir uns nicht entmutigen lassen und uns vor Augen führen, was wir bereits erreichen konnten: So haben wir es geschafft, dass bestimmte für Bestäuber besonders gefährliche Ackergifte EU-weit nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Der Einsatz neuer Pestizide mit ganz ähnlicher Wirkung wurde außerdem auf Gewächshäuser beschränkt. Wir haben den Pestizidprozess gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner gewonnen und konnten in einer einmaligen Veröffentlichung enthüllen, welche und wie viele Pestizide im Südtiroler Obstbau zum Einsatz kommen. Außerdem konnten wir einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass die EU Umweltschützer:innen besser vor missbräuchlichen Einschüchterungsklagen – wie jene aus Südtirol gegen uns – schützt. Das zeigt: Wenn wir nicht lockerlassen, können wir gemeinsam wertvolle Erfolge für einen besseren Schutz von Umwelt und Gesundheit erreichen!
Deshalb setzen wir uns weiterhin für eine pestizidfreie, umwelt- und klimafreundliche Landwirtschaft ein, die unsere Lebensgrundlagen erhält. Eines der nächsten Etappenziele ist es, den Einsatz von Ackergiften in Schutzgebieten zu stoppen und so dringend benötigte Rückzugsorte für die Artenvielfalt zu schaffen. Wir sind uns sicher: Beharrlichkeit zahlt sich aus und gemeinsam mit Ihrer Hilfe werden wir es schaffen, Schritt für Schritt eine Agrarwende einzuleiten und dem Artensterben Einhalt zu gebieten. Die Pestizidlobby kann sich schon mal warm anziehen! |